Variablen im Kopf - Gedanken zum Vatersein

Wie mein Sohn meine Welt verändert...

Dass ich als Vater anders sein würde, habe ich mir eigentlich immer gedacht. Ich habe mich zwar sehr lange überhaupt nicht damit beschäftigt, denn Familie und Kinder waren einfach kein Thema für mich in meiner damaligen Welt der Abenteuer. Aber ich wusste, sollte ich eines Tages doch noch Vater werden, dann würde alles anders werden… Bis dahin war noch viel Zeit. Zeit für Abenteuer und Blödsinn.

Viele kleine und große Abenteuer und Tragödien wurden bestanden oder auch nicht, die Zeiten änderten sich und die Welt drehte sich weiter. Ich wurde nicht unbedingt vernünftiger, aber älter. Als es irgendwann schlichtweg keine Abenteuer in dieser zu klein gewordenen Welt mehr zu erleben gab und viel zuvor Aufregendes sich zu wiederholen drohte, folgte auf all das Erleben und Überleben eine Zeit des Überlegens.

 

Eine kurze Zeit nur, aber immerhin mehr als nur Null Komma achtundsechzig Sekunden, was vielleicht für einen Androiden beinahe eine Ewigkeit sein mag*, nicht jedoch für einen Armleuchter wie mich.

Armleuchter – Diesen tollen, etwas angestaubt wirkenden Spitznamen habe ich übrigens von meiner geliebten Partnerin und… äh… Kindesmutter bekommen. Apropos angestaubt: Kindesmutter – Sagt man das noch?

Wie auch immer, da ich Sie nun schon ins Spiel gebracht habe – Spätestens als meine Partnerin schwanger war, spielte ich oft mit dem Gedanken und malte mir aus, was für ein Vater ich für unser gemeinsames Kind  und was für ein Partner ich künftig wohl sein würde. Ich versuchte bei aller Euphorie und Vorfreude realistisch zu bleiben und hatte sicher kein Bild eines „Super-Dads“ vor Augen. Na gut, vielleicht hin und wieder. Schließlich wollte ich alles besser machen, als alle anderen. Das wahre Leben und die Realität würden mich später ohnehin einholen…

 

Anfangs konnte ich in dem noch recht flachen Bauch meiner Partnerin nur mühsam und mit großer Fantasie ein kleines Lebewesen erahnen. Es war etwas schwer einen Bezug zu einem kleinen Menschen herzustellen, den ich anfangs weder sehen, noch spüren, geschweige denn hören konnte. Entsprechend aufregend und einschneidend empfand ich dann das Ereignis der ersten gemeinsamen Ultraschalluntersuchung. Als sich das klitzekleine Lebewesen dann sogar bewegte, wusste ich: Dieses Kind würde mich, uns und vielleicht die ganze Welt verändern…

Ich weiß, ich weiß, letzteres klingt etwas übertrieben und die geschätzten Leserinnen und Leser fragen sich nun bestimmt, ob da der übliche Elternstolz im Spiel ist oder ob ich meinem Spitznamen nur alle Ehre mache und ein Bisschen spinne, wenn ich so übertreibe. Wahrscheinlich ist es eine gefährliche Mischung aus Beidem: Ich bin ein verdammt stolzer Vater und ein ebenso stolzer Armleuchter!

 

Aber ehrlich: Lasst uns einfach abwarten. Schließlich haben wir gerade erst die erste große Geburtstagspary mit Familie und Freunden hinter uns gebracht, da kann nicht erwartet werden, dass Junior gleich den Warpantrieb erfindet und die Welt schon jetzt aus den Angeln hebt… Zumindest meine kleine Welt wurde jedoch längst in eine andere Umlaufbahn gelenkt.

 

Ich versuche mich gerade wieder an das Schreiben zu gewöhnen – nicht dass ich es verlernt hätte, schließlich gibt es genug Menschen, die behaupten, ich hätte es nie richtig gelernt – und lasse hier einfach mal ein paar nur grob sortierten Gedanken freien Lauf. Und los geht’s:

 

Ich bin es gewohnt, eine Menge Gedanken im Kopf zu haben. Mir geht eigentlich immer sehr viel durch den Kopf. Ständig denke ich an Lustiges, Komisches und Blödes, gleichzeitig aber auch an Wichtiges, Dringendes und alles, das auf einer Eisenhower-Matrix irgendwie dazwischen passt.

Ich gebe zu, ich bin so eitel und ein kleines Bisschen stolz darauf, dafür bekannt zu sein, dass ich kaum etwas vergesse.

Tatsächliche glaube ich, dass es zu meinen Stärken zählt, mich gleichzeitig mit verschiedenen Themen befassen zu können. Wahrscheinlich ist es eines der wenigen Dinge, die ich wirklich gut beherrsche – Ich möchte niemandem empfehlen, eine vulkanische Gedankenverschmelzung** mit mir aufgezwungen zu bekommen. Sich in all dem Blödsinn zwischen den wichtigen Themen zurechtzufinden, ist nicht Jederfrau und Jedermanns Sache…

 

Und dennoch stelle ich immer öfter mit Erschrecken fest, dass ich etwas versäumt habe, weil ich einfach nicht daran gedacht habe.  Manchmal wird mir unwohl wenn ich mir vorstelle, zu genauso einem Nudelsieb zu werden, wie ich manche meiner vergesslichen Mitmenschen immer wieder gerne etwas spöttisch nenne.

Dann wieder kann es vorkommen, dass ich abends im Bett liege und nicht einschlafen kann, weil einfach zu viele Variablen in meinem Kopf herumschwirren.

Oder ich wache nachts auf, weil mir plötzlich einfällt, dass ich morgen gleich nach dem Aufstehen etwas furchtbar Wichtiges organisieren muss…

 

Die bevorstehende Geschäftsreise nach China ist es nicht alleine. Das kriege ich schon hin. Obwohl ich gestehen muss, dass ich recht lange gebraucht habe, mich mit dem Gedanken anzufreunden, wieder einmal mehr als nur eine Nacht nicht daheim zu sein. Wenn meine Partnerin und ich uns vermissen, können wir jederzeit miteinander telefonieren. Aber was ist mit Junior? Wird das „Skypen“ lässig sein? Wird er mir die Woche übel nehmen? Was verpasse ich in dieser Zeit alles?

Wie gesagt, ich habe eine gewisse Zeit gebraucht, mich damit anzufreunden. Mittlerweile freue ich mich schon ein wenig auf die Reise, die sicher wieder spannend wird. China riecht immer etwas nach Abenteuer. Auch wenn es geschäftlich ist, Reisen ist etwas Tolles – je fremder das Land und die Kultur, desto größer die Bereicherung – teilweise Kulturschock inklusive ;)

 

Auch der Status von Projekten, die gerade in heißen Phasen sind und all die anderen dringenden und wichtigen Themen, die bei der Arbeit im Qualitätsmanagement eben  zum täglichen Brot gehören, sind es nicht alleine.

Und um nicht nur von der Arbeit zu sprechen: Der Steuerausgleich und die Eigentümerversammlung sind es bestimmt nicht…  Dafür sorgt schon meine armleuchterische Priorisierung – Ich bin sicher: Alle die mich kennen, unterschreiben das sofort.

 

Keine Angst, geschätzte Leserinnen und Leser. Ich werde jetzt nicht meinen Werkzeugkoffer auspacken und mit These oder Hypothese und Theorie anfangen. Dafür ist es erstens zu spät und zweitens hatte ich schon einen kleinen oder größeren Scotch zum Warmhalten während des Schreibens in dieser... äh... lauen Sommernacht.

Anmerkung: Alle eventuellen Interpunktions-, Grammatik-, und Formfehler, die von eifrigen Leserinnen und Lesern reklamiert werden sollten, werde ich übrigens schamlos auf den Alkoholkonsum während des Schreibens zurückführen. Als diplomierter Armleuchter bin ich selten um eine Ausrede verlegen.

 

Doch zurück zum Thema: Ich habe bereits eine Ahnung, was mein ach so tolles Gedächtnis und meinen Schlaf hin und wieder stört:

 

Das Vatersein. Logisch, oder?

 

Mein Unterbewusstsein und mein Bewusstsein arbeiten seit einem Jahr ständig auf Hochtouren (ich bin mir nicht sicher, ob es die Jahre zuvor jemals soviel zu tun hatte).

Ich bin natürlich nicht immer besorgt, eigentlich fast nie – schließlich ist Junior bei seiner Mama in guten Händen. Aber eben weil ich mich tagsüber mit oben genannten Dingen beschäftige und nicht mitkriege, was Mama und Junior machen, arbeitet mein kleines Gehirn und stellt sich Fragen, wie z. B. welche Dinge er heute wieder gelernt hat, ob und warum er gerade lacht oder weint, usw.

 

Kurz gesagt, je näher die Väterkarenz rückt, desto mehr freue ich mich trotz aller Unsicherheit darauf, tagsüber all das erleben zu dürfen und müssen, was bislang meiner Partnerin vorbehalten bleibt.

Die Freude ist groß, weil ich es nicht nur als Pflicht gegenüber meiner Partnerin und meinem Sohn ansehe, sondern vor allem als Recht, das mir zusteht.

Und Unsicherheit besteht, weil ich keine Ahnung habe, was da auf mich zukommen wird...

 

Fortsetzung folgt.

 

 

Das soll nun mein erster „richtiger“ Einstieg in meinen Väterkarenzblog sein. Mehr wird folgen

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr (ich darf die geschätzte Leserschaft doch duzen?) mir mitteilt, was ihr von all dem hält…

 

Was sind eure Gedanken zu meinen Gedanken hier?

War jemand von euch in Väterkarenz oder plant jemand von euch eine Väterkarenz?

Wenn ja, warum bzw. wenn nein, warum nicht?

 

Ich möchte mich mit meiner Schreiberei um die Väterkarenz natürlich mit Männern austauschen, aber Frauen keinesfalls ausschließen. Auch eure Meinung, euer Feedback und eure Gedanken interessieren mich!

 

 

 

 

Übrigens: Zu den Markierungen im Text:

 

*… Wer die Anspielung versteht, richtig einordnen kann und mir auf meiner Website einen entsprechenden Kommentar hinterlässt, hat die Chance mit mir auf ein Bier gehen zu können – Gewinnerin oder Gewinner wird von ggf. von mir mit Juniors Hilfe ausgelost.

 

**… Dafür gibt es übrigens kein Gewinnspiel. Schließlich gehört die Kenntnis der vulkanischen Gedankenverschmelzung genauso zum Basiswissen wie das Einmaleins.

 

 


~ Der Armleuchter,
alias der karenzierte Poet

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Kommentare: 9
  • #1

    Marie (Mittwoch, 25 Juni 2014 09:48)

    1) super, ich hab endlich einen namen für mich: "nudelsieb"! danke!
    2) nein, der kleine nimmt es dir nicht übel dass du mal ein paar tage weg bist. er wird davon bestimmt kein trauma haben und muss deswegen im erwachsenenalter nicht zum psychater

  • #2

    Stefan Splinter (Donnerstag, 26 Juni 2014 08:06)

    sternzeit 2006 - für mich ein halbes jahr abstand von beruflichen verpflichtungen, hinein in eine unbekannte welt: väterkarenz. eine einzigartige und unvergessliche erfahrung, die die beziehung vater - tochter (in meinem fall) bis heute entscheidend geprägt hat. bis heute? ja, denn das fundament für ein haus baut man (am besten) gleich zu beginn: die väterkarenz stärkt die beziehung zum kind als ein baustein im fundament einer intensiven beziehung mit dem kleinen menschlein. weiter so! grüsse ans nudelsieb. bier? gern. ;-) die besten wünsche für euch drei.

  • #3

    armleuchter (Donnerstag, 26 Juni 2014 14:49)

    @Marie: Danke für dein Feedback. Das mit dem "Nudelsieb" war keine Anspielung auf dich, aber wenn es deiner Meinung nach passt, bin ich dere Letzte, der etwas dagegen sagt... ;)

    Ja, wenn der Kleine keine Trauma bekommt, dürfte sich auch mein Bedarf für psychologische Betreuung oder psychiatrische Behandlung in Grenzen halten. - Wir werden sehen... :)

  • #4

    armleuchter (Donnerstag, 26 Juni 2014 14:53)

    @Stefan: Vielen Dank auch für dein Feedback! Ich wusste gar nicht, dass du damals auch schon die Väterkarenz in Anspruch genommen hast. Finde ich super! Jetzt kenne ich immerhin schon drei Männer aus meinem näheren Umfeld, die diesen Schrittg gewagt haben. Das mit dem Bier klingt übrigens nach einer hervorragenden Idee und wäre auch ideal um sich zum Thema (und anderen Dingen) auszutauschen! Ich wünsche euch ebenfalls das Beste! Und ich melde mich!

  • #5

    Pistoletti (Samstag, 12 Juli 2014 09:02)

    Zuerst: Habe alle Anspielungen verstanden.
    Und darüber hinaus: Herrlich diese Mischung aus Star-Trek-Anspielungen, Selbstironie und gleichzeitiger messerscharfer Analyse der Gesamtsituation. Bin gespannt auf mehr!

    Gruß der/die/das Pistoletti

  • #6

    armleuchter (Donnerstag, 31 Juli 2014 23:32)

    @Pistoletti: Nichts anderes hätte ich erwartet. Das mit dem Bier und Buchstabensalat kann gerne wiederholt werden.
    Und Danke für die Blumen!

  • #7

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